BMW
R 25/2: Genügsamer Alltagsbock
Entnommen aus BikerSzene
von (?)
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches waren
viele Werke zerstört und die Alliierten verlangten von BMW als
Rüstungsbetrieb hohe Reparationen. 1945 begann die Produktion von
landwirtschaftlichem Gerät, Kochtöpfen und Fahrradanhängern
und ab 1948 rollte mit dem Einzylinder R 24 das erste auf einer Vorkriegskonstruktion
basierende Nachkriegsmotorrad von den Bändern.
Als die R 25 1950 BMWs ersten Nachkriegs-Einzylinder R 24 ablöste,
war ein großer Schritt in Richtung Zukunft getan. Für das
Motorradwerk verflüchtigten sich nach und nach die Einschränkungen
der Nachkriegszeit und die Motorradfahrer registrierten an der neuen
BMW begeistert eine Geradweg-Hinterradfederung.
1951 gab es dann mit der Einführung der R 25/2 den nächsten
Innovationsschub, bei dem die Erfahrungen der Versuchsabteilung und
selbstverständlich auch der Kundschaft in die Konstruktion eingeflossen
waren. Das gelegentliche schwere Anspringen und die starke Blauverfärbung
des Krümmers wurden durch neue Markierungen auf der Schwungscheibe
bekämpft, wodurch die Zündung mittels Stroboskop exakter eingestellt
werden konnte. Der Seilzug-Abblendschalter musste einer elektrischen
Abblendvorrichtung weichen. Um die Wärmeabstrahlung vor allem am
Zylinderkopf zu verbessern, erhielt das Triebwerk ab der Motornummer
263 051 einen mattschwarz lackierten Zylinderkopf und eine Weichaluminiumdichtung
zu den Zylinderkopfdeckeln. Schon ausgelieferte Maschinen konnten nachträglich
mit einem Grundlack der Fa. Groß & Perthun schwarz gefärbt
werden. Ab Motornummer 267 301 bekam die Zündkerzenbuchse zugunsten
eines festeren Sitzes eine Kegelform, welche die bisherige ballige Form
ablöste. Als Ergebnis dieser Maßnahmen wurde eine Temperatursenkung
von 25 % erreicht. Dieser "Mohrenkopf" genannte Zylinderkopf
sollte auch noch das Nachfolgemodell R 25/3 zieren. Bei den späteren
Einzylinder-Varianten R 26 und R 27 wurde die Schwarzfärbung durch
größere Verrippung des Kopfes überflüssig. Ebenfalls
ab der Motornummer 263 051 erhielt die Vorderradgabel eine zusätzliche
Ferrozell-Gleitbuchse, um die Geräusche der Tragfedern zu minimieren,
eine neue Rückzugfeder für den Hauptständer und ein Gummiband
zur Befestigung der Batterie. Die klappernden Hülsen der Geradweg-Hinterradfederung
beruhigte man mit einer zentrierenden Verschraubung. Der Vorderradkotflügel
bot einen besseren Spritzschutz und hatte eine innen liegende Linierung
und der neue Sattel eine horizontale Zugfeder. Der Rahmen war schon
bei der R 25 serienmäßig für den Beiwagenbetrieb ausgelegt.
Wie einst bei der R 24 maß das Einlassventil jetzt wieder 32 mm
und der Ansaugquerschnitt des Vergasers wurde von 24 auf 22 Millimeter
zurückgenommen. Bis zur Ablösung durch die R 25/3, 1953, verließen
immerhin 38.650 R 25/2 die Produktionshallen. Noch nie vorher in der
BMW-Geschichte hatte es ein Modell auf diese Stückzahl gebracht.
>>Alltagstauglich
Schon als ich 1972 ein R 25/2-Gespann für 200 DM erwarb, das mir
ohne zu mucken mit etwas Ölverbrauch über drei Jahre ein treuer
Begleiter war, bestand die Faszination in seiner uneingeschränkten
Zuverlässigkeit. Egal, ob im heißen Sommer oder bei Eis und
Schnee, das Motorrad sprang immer an, wenn man die richtige Startzeremonie
einhielt:
1. Benzinhahn öffnen
2. Im kalten Zustand Schwimmerkammer fluten und Luftfilter schließen
3. Ohne Zündung zweimal den Kickstarter herunter treten
4. Zündschlüssel einstecken und mit einem kräftigen Tritt
auf den Kickstarter - bei etwas Gas - sprang das Triebwerk in den meisten
Fällen spontan an.
Die Leistungen des Einzylinder-Viertakt-Triebwerks waren zu dieser
Zeit Stand der Technik. Erst als NSU 1952 mit der schubstangengesteuerten
250er Max auf den Plan trat, musste man sich bei BMW Gedanken machen
und steigerte die Leistung des Einzylinders bis zur letzten Ausbaustufe
in der R 27 auf 18 Pferdestärken. Solo lief die 12 PS starke R
25/2 mit einigem Anlauf gut 100 km/h. Mit Beiwagen - in den meisten
Fällen wurde ein Steib LS 200 angeschraubt - und der entsprechenden
Hinterradübersetzung, war schon bei 80 Stundenkilometern Schluss.
Der erste Gang ist recht kurz übersetzt, sodass auch das Anfahren
an Steigungen keine Probleme bereitet. Beim Rühren im klauengeschalteten
Vierganggetriebe vermisst man natürlich die kurzen Wege und das
leichte Einrasten moderner Schaltboxen, doch mit ein wenig Übung
und Zwischengas gelingen immer mehr Schaltvorgänge annähernd
geräuschlos. Der Leerlauf ist relativ leicht zu finden und wird
durch das Aufleuchten einer grünen Lampe im Scheinwerfer angezeigt.
>>Schwing-Ding
Ein Relikt aus Vorkriegszeiten ist der Handhilfsschalthebel auf der
rechten Getriebeseite, der ein schnelles Durchschalten aus jedem Gang
in den Leerlauf ermöglicht und damals durchaus verbreitet war.
Obwohl die Geradwegfederung gegenüber den hinten ungefederten Fahrgestellen
schon ein ungeheurer Fortschritt war, hoppelt das Hinterrad auf unebenen
Strecken lustig vor sich hin, während die ebenfalls ungedämpfte
Teleskopgabel verhältnismäßig ruhig liegt. Trotzdem
ist der Sitzkomfort Dank der hervorragenden Schwing-sättel gelungen.
Der Fahrer sitzt in 700 Millimeter Höhe ergonomisch korrekt, mit
großem Kniewinkel und locker gestreckten Armen aufrecht auf dem
Motorrad. Die Sozia nimmt auf einem 150 mm höheren Sattel Platz.
Durch die in Gummi gelagerten Lenkerhalter und die dicken Fußrastengummis
dringen nur wenige der angenehmen Vibrationen zum Piloten vor. Natürlich
können sich die beiden Halbnabenbremsen nicht mit aktuellen Stoppern
messen aber sie verzögern das 142 kg leichte Motorrad bei vorausschauender
Fahrweise bei etwas Krafteinsatz noch angemessen. Neben dem wartungsarmen
Hinterradantrieb ist noch die Austauschbarkeit der Räder zu erwähnen,
wobei der hintere Teil des Kotflügels das Ausbauen des Hinterrades
erleichtert. Eventuell zu flickende Schläuche können mit der
auf der rechten Motorradseite befestigten Handluftpumpe aufgepumpt werden.
Und weil früher unterwegs öfter zum Werkzeug gegriffen werden
musste, befindet sich im Zwölf-Liter-Tank noch ein geräumiges
Werkzeugfach.
Die 250er BMW-Einzylinder gehören auch heute noch zu den alltagstauglichen
Motorrädern. Für eine R 25/2 werden inzwischen 1.500 Euro
im schlechten Zustand und bis zu 5.000 Euro für eine toprestaurierte
Maschine verlangt. Sie unterliegen einer kontinuierlichen Wertsteigerung.
Text: Bernd Zimmermann Fotos: Bernd Zimmermann, Archiv
Technische Daten
Motor: luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine unten liegende
Nockenwelle, zwei über Stößel, Stößelstangen
und Kipphebel betätigte Ventile, ein 22 Millimeter-Bing Typ 1/22/44-
oder SAWE Typ K 22 F-Rundschiebervergaser, eine Bosch W 240 T1-Zündkerze,
Kickstarter
Hubraum: 247 ccm
Leistung: 8,8 kW (12 PS) bei 5.600 U/min
Max. Drehmoment : 18 Nm bei 3.400 U/min
Verdichtungsverhältnis: 6,5 : 1
Höchstgeschwindigkeit: 105 km/h
Beschleunigung: von 0 auf 80 km/h in 20 sek.
Kraftübertragung: Primärantrieb über Zahnräder,
per Bowdenzug betätigte Einscheiben-Ölbadkupplung, Vierganggetriebe,
offenlaufender Kardan und Winkeltrieb zum Hinterrad
Fahrwerk: beiwagentauglicher, geschlossener Dreieck-Doppelstahlrohrrahmen,
vorn hydraulisch gedämpfte Teleskopgabel, hinten Geradwegfederung
Bremsen: vorn und hinten 160 mm-Halbnabentrommelbremsen
Räder : vorn und hinten Drahtspeichenräder 1,85 B x 19
Bereifung: vorn und hinten 3.25 x 19
Elektrik: 6 V, Noris ZLZ 45/60-Gleichstromlichtmaschine, Batterie 8
Ah
Tankinhalt : 12 Liter
Verbrauch: ca. 3 Liter Normalbenzin auf 100 km Laufstrecke
Sitzhöhe: 730 mm
Leergewicht fahrfertig: 142 kg
Zuladung: 158 kg
Preis: 1.990 DM
Literatur zum Thema
>Motorräder die Geschichte machten, BMW - Die Einzylinder,
Andy Schwietzer, Motorbuch Verlag, ISBN 3-613-01746-6
>Typenkompass BMW Motorräder nach 1945, Jan Leek, Motorbuch
Verlag, ISBN B-613-01955-8
>BMW-Einzylinder richtig angefasst, R25, R26 und R 27, Ernst Leverkus,
Motorbuch Verlag, ISBN 3-613-01921-3
>BMW Dimensionen, Geschichte des Motors, Motor der Geschichte, 1945-2000,
Dr. Karlheinz Lange, BMW Mobile Tradition, ISBN 3-932169-04-2
>BMW Motorräder, Stefan Knittel/Roland Slabon, Schrader Verlag,
ISBN 3-613-87096-7
> Die Motorräder von BMW, Wolfgang Zeyen, Jan Leek, Motorbuch
Verlag, ISBN 3-613-01558-7
Auch heute noch sind die 250er- BMW- Modelle uneingeschränkt alltagstauglich.
Die Sitzposition auf der R 25/2 fällt recht entspannt aus.
Der Hilfshandschalthebel ermöglicht ein schnelles Auffinden des
Leerlaufs.
Die R25/2 war als zweites 250er BMW- Motorrad mit einer Geradwegfederung
ausgestattet.
Im Zölf-Liter Tank war nich Platz für ein geräumiges
Werkzeugfach.
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